Die Bücher der Könige

Ursprünglich bildeten die beiden Samuel-Bücher sowie das Erste und das Zweite Buch der Könige ein zusammenhängendes Geschichtswerk. Aus diesem Grund ergibt sich aus den heute in vier Bücher unterteilten Schriften ein nahtloser Bericht. Über dessen Verfasser ist nichts bekannt.

Die Könige-Bücher beginnen mit den letzten Tagen des großen Königs David. Während dieser bereits dahinsiecht, bereitet einer seiner Söhne namens Adonja während eines Festmahls alles vor, um die Königswürde zu übernehmen. Sein Vorhaben hatte durchaus Erfolgschancen. Er war der ältere Halbbruder des eigentlichen Thronfolgers Salomo. Jener entstammte zudem einer Verbindung, die auf Ehebruch und Mord gegründet war. So ist es wahrscheinlich auch zu erklären, dass selbst einige der treuesten und langjährigsten Weggefährten Davids diesen Versuch unterstützen.

Die Sache fliegt jedoch auf und wird dem pflegebedürftigen David hinterbracht. Jener lässt sofort den Salomo zum neuen König salben. Dieser Herrschaftsübergang noch zu Lebzeiten Davids zeugte auch gegenüber der Bevölkerung von einem großen Vertrauen, denn im Prinzip beraubte sich David damit selbst aller Handlungsmöglichkeiten und Sicherheiten.

Auf dem Sterbebett gibt David seinem Nachfolger einige Ratschläge, die von weiser Voraussicht, aber auch von charakterlicher Zweifelhaftigkeit sind: Salomo soll die Anhänger seines Rivalen und auch einige alte Gegner Davids ausschalten, dessen Unterstützer hingegen belohnen. Unmittelbar nach dem Ableben des Vaters setzt Salomo diese Ratschläge in die Tat um:

Von David begnadigte Gegner beispielsweise bringt Salomo geschickt zu neuem Fehlverhalten, was in fast allen Fällen den Tod der Übeltäter zur Folge hat. Auch seinen Konkurrenten und Halbbruder Adonja trifft dieses Schicksal. Für den jungen König war dies zwar einerseits eine Art Lebensversicherung. Andererseits entsteht hier der Beigeschmack kleinlicher Rache. Auch solche Dinge verschweigt die Bibel eben nicht.

Salomos Herrschaft ist zunächst glanzvoll geprägt. Gott verleiht ihm erstaunliche Weisheit. Salomo häuft Schätze an und vergrößert das immer wohlhabendere Reich. Zudem lässt der junge König den Tempel errichten, den einst schon sein Vater bauen wollte. Zu bedeutenden und reichen Herrschern des Nahen Ostens nimmt Salomo diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen auf. Doch diese Zeit voller Erfolg birgt bereits den Keim des Niedergangs in sich. Vermutlich nicht nur aus diplomatischen Gründen nahm er sich zahlreiche Frauen aus fremden Kulturen. Die Bibel beziffert seinen Harem auf 700 Hauptfrauen und 300 Nebenfrauen. Die Damen erreichen mit ihren Reizen offenbar, was keiner seiner Gegner und Konkurrenten geschafft hat: Der Niedergang beginnt. Salomo betet die Götter seiner Frauen an. Gott warnt ihn vergeblich. Es folgen militärische Unruhen. Ein mächtiger Verbündeter fühlt sich zudem übervorteilt. Die Steuerlast steigt aufgrund reger Baumaßnahmen. Insgeheim scheint es bereits Umsturzpläne zu geben. Doch Gott selbst verhindert, dass Salomo auf diese Weise endet.

Unter Salomos Sohn zerbricht das Reich. Jener glaubt, die aufgeheizte Stimmung im Volk durch eine Politik der harten Hand zu beruhigen. Daraufhin sagen sich zehn der zwölf Stammesgebiete von Rehabeam los und wählen einen eigenen König. Fortan gibt es ein großes Nordreich namens Israel und ein kleines Südreich namens Juda. Der nördliche König namens Jerobeam hat allerdings ein Problem: Der trotz aller Vielgötterei immer noch identitätsstiftende Tempel befindet sich im Südreich. Auch Gläubige aus dem Norden besuchen ihn weiterhin. Deshalb baut er kurzerhand eigene Heiligtümer an im geistlichen Sinne bedeutsamen Orten…

 Den in den Könige-Büchern beschriebenen Fortgang beider Reiche nachzuverfolgen, stellt unter anderem wegen häufiger Namensgleichheiten eine echte Denksportaufgabe dar. Insgesamt jedoch ergibt sich ein klares Muster: Viele Könige handeln gegen Gottes Gebote und verehren zusätzlich diverse Götzen. Das Volk macht dabei jeweils fleißig mit. Einige wenige Könige propagieren mäßig erfolgreich die Bekehrung und geistliche Reformen. Insgesamt schneidet das Nordreich dabei etwas schlechter ab. Vor diesem Hintergrund wird von Kriegen, Bündnissen und dynastischen Vermischungen zwischen Nord- und Südreich berichtet. Die Taten der großen Propheten Elia und Elisa werden ebenso erzählt wie die Verbrechen von Ahab und Isebel.

Der Norden geht schließlich im Verlauf der assyrischen Eroberungszüge unter. Die Bevölkerung fällt einem Umsiedlungs- und Vermischungsprogramm zum Opfer, so dass man heute von den zehn verlorenen Stämmen Israels spricht. Ungefähr 130 Jahre später ist auch das Südreich Geschichte, als der neubabylonische Herrscher Nebukadnezar Jerusalem zerstört und die Besiegten verschleppt.

 Neben dem berichtenden Aspekt besteht der Wert beider Könige-Bücher in der Erkenntnis, dass das Wohlergehen eines Volkes stark vom Handeln seiner Regierung abhängt. Das betrifft nicht nur materielle Sachverhalte, sondern eben auch die geistlich-moralische Ebene. Schwache, lasterhafte und ideologisch fragwürdige Führungspersönlichkeiten begünstigen immer auch einen Werteverfall in der Bevölkerung.