Der Brief des Apostels Paulus an die Gemeinden in Galatien

Der so genannte Galaterbrief befasst sich zwar nur mit einem großen Thema, ist aber dennoch eine Herausforderung für alle, die Wert auf ein genaues und detailliertes Bibelstudium legen. Das zentrale Problem des Briefes ist die Rechtfertigung aus dem Glauben. Auch andere Apostelbriefe machen dazu Ausführungen. Doch das Schreiben an die Galater ist dennoch einzigartig: Es stellt eine regelrechte theologische Streitschrift dar!


Der Verfasser und seine Adressaten

Der Galaterbrief gehört zu den biblischen Büchern, die ihren Autor selbst benennen. Demnach wurde er vom Apostel Paulus verfasst. Die Adressaten hingegen sind weniger leicht zu identifizieren: Bereits die Formulierung „die Gemeinden in Galatien“ zeigt an, dass es sich dabei um ein Rundschreiben handelt.

Galatien ist die historische Bezeichnung für einen Landstrich in Anatolien, dessen Zentrum ungefähr im Gebiet des heutigen Ankara lag.  Zur Zeit des Urchristentums umfasste die römische Provinz Galatien jedoch zusätzlich noch angrenzende Gebiete. Daher kann nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden, welche Gemeinden Paulus hier anspricht. Die Anrede „Ihr unverständigen Galater“ in Kapitel 3,1 legt zwar nahe, dass hier vor allem die Bevölkerung gemeint ist, die dem Landstrich seinen Namen gab. Dennoch ist denkbar, dass auch andere Christen dieser römischen Verwaltungseinheit angesprochen sind. Das wäre ungefähr vergleichbar mit der heutigen Region Holland als Synonym für die gesamten Niederlande. Unabhängig von diesem zweitrangigen Detail sind die eigentlichen Adressaten aber offenbar Judenchristen, welche in den galatischen Gemeinden die theologischen Schwerpunkte verschoben. Bereits im ersten Kapitel des Briefes bezeichnet Paulus dies als „anderes Evangelium“ welches es eigentlich gar nicht gebe.

 

Details zum Galaterbrief

Laut dem Bericht in der Apostelgeschichte besuchte Paulus die Provinz Galatien zweimal. Aus diesem zeitlichen Kontext heraus wird der Brief somit auf Mitte der 50er Jahre des ersten Jahrhunderts datiert und entstand wahrscheinlich in Ephesus.

Für diese Datierung spricht auch der Inhalt des Galaterbriefes. Die zu jener Zeit entstandenen Briefe an die Römer und Korinther befassen sich mit thematisch ähnlichen Fragen. Dennoch ist der Galaterbrief bereits in der Form ungewöhnlich: Er enthält keine ausführliche Grußformel, sondern beginnt sofort mit einer Art Autorisierung des Verfassers. Auch das Ende des Schreibens ist recht knapp gehalten und frei von den üblichen Grußformeln. Das Briefende wird zudem durch eine weitere Autorisierung eingeleitet: Paulus verweist auf die großen Buchstaben als Kennzeichen dafür, dass er diesen Brief eigenhändig niedergeschrieben hat (Möglicherweise hatte Paulus ein Augenleiden).

 

Der Inhalt des Schreibens

Die lehrmäßige Auseinandersetzung zur Rechtfertigung aus dem Glauben führt Paulus anhand mehrerer Argumentationslinien:

  • Beschreibung seiner Berufung und des Aposteldienstes und daraus abgeleitet die theologische Vollmacht.
  • Christus als Gegenpol und Ablösung der Rechtfertigung aus dem Gesetz.
  • Verweis auf den jüdischen Stammvater Abraham: Selbst jener war fehlerhaft und konnte nur durch seinen Glauben gerechtfertigt werden. Paulus greift hier einen Text aus dem Mosebüchern auf (1. Mo 15,6). Er zieht somit die theologische Grundlage seiner Gegner zur Beweisführung heran.
  • Wer durch Gesetzlichkeit erlöst werden will, begibt sich freiwillig in die Knechtschaft der Regeln, die von sündigen Menschen nicht umfassend und dauerhaft eingehalten werden können.
  • Die Rückkehr zur Gesetzlichkeit stellt eine Ablehnung der Erlösung durch Christus dar, was ja die Grundlage des Christentums ist. Beides zusammen geht somit nicht.
  • Christus hingegen hat Freiheit gebracht, die in Verantwortung, gegenseitigem Respekt, Liebe und Demut genutzt werden soll.

Trotz der sehr emotionalen und klaren Sätze enthält der Brief auch mehrere Passagen, die aufzeigen: Paulus sieht die Galater als Opfer einer theologischen Irrlehre an. Er tadelt nicht in erster Linie die verführten Gläubigen. Bisweilen schlägt der Apostel sogar einen mahnenden und bittenden Ton an. Ihm geht es vorrangig um das Heil der Adressaten, nicht um Rechthaberei. Außerdem enthält Kapitel 3 noch eine wichtige Passage in der klargestellt wird: Die Botschaft des Christentums macht keinen Unterschied nach Herkunft, sozialer Stellung oder Geschlecht. Bei der Erlösung durch Christus herrscht vollständige Gleichberechtigung!