Die Briefe des Paulus an die Thessalonicher

Die beiden Schreiben an die Thessalonicher sind die wahrscheinlich ältesten Paulusbriefe der Bibel. Vermutlich wurden sie im Abstand von wenigen Wochen oder Monaten zueinander verfasst. Die klassische Datierung geht von einem Entstehungszeitraum zwischen den Jahren 49 und 54 aus. Als Absender werden in beiden Briefen neben Paulus noch sein junger Mitarbeiter Timotheus sowie ein gewisser Silvanus genannt.

 Die Adressaten und ihre Beziehung zu Paulus

Das antike Thessalonich in der damaligen Provinz Mazedonien entspricht geografisch ungefähr dem heutigen Saloniki bzw. Thessaloniki, einer der größten griechischen Städte. Aufgrund der bekannten Reiserouten des Paulus geht man davon aus, dass die Thessalonicherbriefe in Korinth verfasst wurden.  Paulus selbst hatte die Stadt Thessalonich nicht allzu lange vor dem Verfassen der Briefe besucht. Durch offenbar großen Missionserfolg gründete er dort eine Gemeinde, welcher auch angesehene, einflussreiche und wohlhabende Bürger angehörten.

Dies könnte die Ursache eines Konfliktes sein, der Paulus schließlich zur Flucht zwang. Der Bericht in Apostelgeschichte 17 bezeichnet diese Mitglieder der städtischen Oberschicht als gottesfürchtig. Das legt nahe, dass diese Bürger trotz ihrer griechischen Abstammung zuvor bereits dem Judentum anhingen. Entsprechend schmerzhaft dürfte somit der Verlust an Geld und Einfluss für die jüdische Gemeinde gewesen sein. Einige Leute zettelten daher einen Aufruhr an, der anschließend den Christen zur Last gelegt wurde. Die Verklagten mussten eine Bürgschaft hinterlegen und waren somit mundtot gemacht. Jede weitere falsche Anklage konnte sie ihren Besitz kosten.

Wohl deshalb organisierten die Christen sofort in der kommenden Nacht die Flucht des Paulus. Dennoch muss der Aufenthalt des Apostels in der Stadt einige Zeit gedauert haben: Im Philipperbrief bedankt sich Paulus für zweimalige Spendensammlungen, die ihm nach Thessalonich nachgesandt wurden.                                                      


Der Inhalt der Briefe an die Thessalonicher

Beide Schreiben folgen keiner festen Struktur. Auch die Rhetorik ist nicht auf scharfe Konfrontation ausgelegt. Die argumentative Auseinandersetzung mit Lehre und Irrlehre tritt gegenüber anderen Briefinhalten in den Hintergrund.

Weil Paulus seine Absicht, die Thessalonicher erneut zu besuchen, bislang nicht verwirklichen konnte, schickte er seinen Mitarbeiter Timotheus in die Stadt, welcher offenbar mit ermutigenden Nachrichten zum Apostel zurückkehrte (1. Thess. 2,17-18 / 3,2-6). Entsprechend oft finden sich im ersten Brief persönliche Erinnerungen, Dank, Empfehlungen und Ratschläge. Theologisch befasst sich dieser Brief mit der persönlichen Heiligung der Gläubigen durch einen entsprechenden Lebensstil sowie mit der Hoffnung auf die Wiederkunft Christi.

Möglicherweise wurde dieses Schreiben von einigen Gemeindegliedern in Thessalonich missverstanden. Eventuell taten auch  Irrlehrer und Fanatiker ein Übriges. So ließe sich erklären, warum ein zweiter Brief so schnell nachfolgte. Aus diesem ergibt sich das Bild einiger Christen, die in überzogener Naherwartung lebten und daher auch keiner Arbeit mehr nachgingen. In 2. Thess. 2 warnt der Apostel eindringlich vor Verführern, welche die unmittelbar bevorstehende Wiederkunft Christi verkündeten. Dennoch ist auch der zweite Thessalonicherbrief wohlwollend und herzlich formuliert.