Die Bergpredigt: Jesus Christus und seine Best-Of-Verkündigung

Mit unterschiedlichen Schwerpunkten berichten die vier ersten Bücher des Neuen Testaments der Bibel über das Wirken von Jesus Christus auf der Erde. Während seiner Zeit als Wanderprediger (die genaue Dauer ist umstritten) vollbrachte der Sohn Gottes demnach mehrere spektakuläre Wunder. Als nachhaltiger erwiesen sich jedoch die radikal anmutenden Lehren des Meisters von Nächstenliebe, wahrem Gottesglauben und Frieden.

Die Bergpredigt: Best-Of-Zusammenfassung der christlichen Lehre?

Das Matthäus-Evangelium berichtet in den Kapiteln fünf bis sieben über die sogenannte Bergpredigt. Offenbar sprach Christus dabei im Freien zu einer großen Menschenmenge und fasste die Grundlagen seiner Lehre zusammen. Daher meinen einige Wissenschaftler, dass die Bergpredigt kein reales Ereignis war, sondern eine später von biblischen Autoren erarbeitete Zusammenstellung verschiedener Aussprüche Jesu. Inwiefern die Bergpredigt zudem identisch ist mit der thematisch parallel verlaufenden „Feldrede“ des Lukas-Evangeliums, ist ebenfalls umstritten. Spekuliert wird zudem darüber, ob die Bergpredigt aus der Frühzeit des Wirkens Jesu stammt und vorrangig an die Jünger gerichtet war. Doch Ort, Form und Zeit der Bergpredigt sind auch nicht ausschlaggebend. Ihren besonderen Rang nimmt diese Verkündigung vielmehr aufgrund ihres revolutionären Gedankenguts ein, welches seit damals immer wieder für Diskussionsstoff sorgt.

Praktische Ratschläge der Bergpredigt für das Glaubensleben

Den größten Teil der drei Bergpredigt-Kapitel nehmen die Aussagen Jesu zum richtigen Verhalten seiner Nachfolger ein. Der Meister äußerst sich hier zu einem vielfältigen Spektrum menschlichen Handelns: Beten, Spenden, Schwören oder finanzielle Vorsorge werden ebenso erwähnt wie Ehebruch, Totschlag, Rache und Konfliktlösungen. Bei jedem dieser Themen geißelt Christus Heuchelei sowie Egoismus. So fordert er beispielsweise eine klare und aufrichtige Redeweise. Zu den verschiedenen Gesetzesübertretungen wie Ehebruch oder Mord erklärt Jesus sogar, dass diese nicht erst mit der eigentlichen Tat, sondern bereits mit dem entsprechenden Gedanken beginnen.

Müssen Christen alles erdulden?

Jesus geht allerdings noch weiter und verlangt auch den Verzicht auf Rache. Er fordert sogar zur Feindesliebe auf. Dieser Teil der Bergpredigt erweist sich bis heute für Bibelleser als eine der größten Stolperfallen, denn Christen und Atheisten erliegen hier gleichermaßen schnell einem Missverständnis. Gehört zum Christentum tatsächlich das freudige Erdulden der Bosheiten anderer? Besonders die Aussage: „Wenn dich jemand auf deine rechte Wange schlägt, dem biete die andere auch dar...“ scheint dies zu belegen.Tatsächlich sollte dieser Text vor allem dahingehend verstanden werden, dass die reine Befriedigung von Rachegefühlen nicht gut ist. Mit einem Verzicht auf Gerechtigkeit oder Regeln hat dies nichts zu tun. Immerhin ist Gott derjenige, der die Regeln des Zusammenlebens aufgestellt hat (siehe unten stehender Link zu den Zehn Geboten).   Die Kenntnis der gesellschaftlichen Verhältnisse zur Zeit Jesu kann jedoch helfen, den Hintergrund dieser Forderung besser zu verstehen.

Ein populärer Erklärungsversuch lautet beispielsweise: Möglicherweise wollte Jesus einfach nur zu klugen Reaktionen gegen Gewalt anregen: Eine Ohrfeige schlug man damals mit dem rechten Handrücken, so dass das Opfer an der rechten Wange getroffen wurde. Die linke Wange konnte dagegen nur durch einen Schlag des linken Handrückens oder der rechten Handinnenseite getroffen werden. Beides galt als extrem ehrlos. Eine Darbietung der linken Wange forderte den Gegner also regelrecht zu einer gesellschaftlich geächteten Handlungsweise auf und beschämte ihn dadurch. Tatsächlich sollte dieser Text dennoch vor allem dahingehend verstanden werden, dass die reine Befriedigung von Rachegefühlen

Die bekanntesten Texte der Bergpredigt: Seligpreisungen und Vaterunser

Die Bergpredigt enthält neben solch „handfesten“ Ratschlägen jedoch auch zwei Passagen, die zu den bekanntesten Beispielen biblischer Poesie zählen: Gleich zu Beginn seiner Rede deklariert Christus die sogenannten Seligpreisungen. Neunmal lobt er mit der Redewendung „Selig sind...“ bestimmte Menschentypen. Nicht immer leuchtet dies sofort ein, denn als selig werden auch ungerecht behandelte, verfolgte, geschmähte und leidende Menschen bezeichnet. Doch deren Seligpreisung bezieht sich bei genauerem Lesen offenbar nicht auf den momentanen Zustand, sondern auf die moralisch-geistliche Haltung.

Ungefähr in der Mitte der Bergpredigt wiederum spricht Jesus vom richtigen Beten und rezitiert als entsprechenden Vorschlag das sogenannte Vaterunser. Jenes ist eigentlich kein tatsächliches Gebet. Es veranschaulicht lediglich den Aufbau und die Bestandteile eines solchen: Verehrung, Lobpreis, Anerkennung göttlicher Macht, Bitten und grundsätzliche Glaubensüberzeugungen. Doch trotz seines lediglich beispielhaften Charakters avancierte das Vaterunser im Laufe der Jahrhunderte zum vermutlich bekanntesten und häufigsten Gebet der Christenheit.